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Lawinenverbauungen: Neue Stahlschneebrücken schützen auch vor Steinschlag

140 t Träger und 35 t Rohrstützen von Debrunner Acifer im Walliser Gebirge

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Die neuen Stahlschneebrücken der Krummenacher AG schützen sowohl vor Schneemassen als auch vor Steinschlag. Quelle: Opal Fels- und Steinschlagssicherung AG

Konventionelle Stahlschneebrücken schützen zwar vor Lawinen, nicht aber vor Steinschlag. Die Krummenacher AG Stahl- und Metallbau hat ein Werk entwickelt, welches Dörfer und Strassen sowohl vor Schnee als auch vor Steinen bewahrt. Für diese neuartigen Stahlschneebrücken hat die Krummenacher AG im vergangenen Jahr rund 140 t Träger und 35 t Rohrstützen von Debrunner Acifer verbaut.

Schutzwälder im Gebirge verhindern, dass der Schnee ins Rutschen kommt und zur Gefahr für Dörfer und Strassenabschnitte wird. Fehlen diese Wälder, übernehmen Stahlschneebrücken – im Fachjargon «Werke» genannt – die Schutzfunktion. Sie sind die am häufigsten eingesetzte Lawinenschutzmassnahme, da sie langlebig sind und keine hohen Unterhaltskosten verursachen. Sie schützen jedoch nur vor Schneemassen, nicht aber vor Steinschlag – einem neuzeitlichen Problem im Gebirge, bedingt durch den Klimawandel. Viele Stahlschneebrücken stehen seit 30 Jahren oder länger im Gebirge und würden mühelos von grossen Felsbrocken durchbrochen. Die Krummenacher AG Stahl- und Metallbau aus Naters hat deshalb eine neue Art Stahlschneebrücke entwickelt, die sowohl vor Schneemassen als auch vor Steinschlag schützt.

Bis 500 kJ Energie Widerstand

«Über die Jahre sind viele der konventionellen Lawinenwerke durch Steinschlag beschädigt worden», sagt Roger Krummenacher, Geschäftsführer und Projektleiter der Krummenacher AG Stahl- und Metallbau.

«Als Schutzmassnahme hätte man oberhalb dieser Werkreihen Steinschlagnetze verbauen können, was aufwendig und kostenintensiv gewesen wäre. Unsere Idee war, die beschädigten Werkreihen durch Stahlschneebrücken zu ersetzen, die Steinschlagenergien aufnehmen können. So würden die Reparaturkosten in einem vernünftigen Rahmen bleiben und man wäre für zukünftige Ereignisse gewappnet.» Zusammen mit dem Institut für Siedlungsentwicklung und Infrastruktur ISI an der Berner Fachhochschule, der IBR Ingenieurbüro GmbH und der Schweizerischen Agentur für Innovationsförderung Innosuisse ist es der Krummenacher AG gelungen, eine Stahlschneebrücke zu entwickeln, die Energien bis 500 kJ aufnehmen kann. Das entspricht einem 900 kg schweren Auto, das 120 km/h fährt.

Energieabbau mittels Dämpfungselementen und Rost

Der Oberbau der Stahlschneebrücke ist so konstruiert, dass die einzelnen Bauteile im Verbund funktionieren. Prallt ein Felsbrocken auf die Fläche, werden die Energiespitzen von den Dämpfungselementen in den Stützen aufgenommen. Der Rest überträgt sich auf den Rost und wird über elastische oder plastische Verformung abgebaut. Diese Technologie erlaubt – bis zu gewissen Einschlagenergien – die schadenfreie Aufnahme von Steinschlag. Bevor die ersten Stahlschneebrücken nach vier Jahren Entwicklungszeit im Gebirge zum Einsatz gekommen sind, haben bei der Krummenacher AG in Naters und auf dem Gelände der DTC Dynamic Test Center AG in Biel umfangreiche Tests stattgefunden.

Neues Leistungslevel und flexibler Oberbau

Die neuen patentierten Stahlschneebrücken halten bis zu 1,1 t schwere Felsbrocken, die mit über 100 km/h aufprallen. «Solche Gesteinsmassen hätten konventionelle Lawinenverbauungen locker durchschlagen», sagt Roger Krummenacher. Ein weiteres Plus der neuen Stahlschneebrücken ist, dass sich ihr Oberbau auf alle bestehenden Verankerungstypen aufbauen lässt. Das erlaubt, beschädigte Werke einfach und kostengünstig zu reparieren und gleichzeitig für Steinschlag zu optimieren. In der Regel müssen nur die obersten Werkreihen Steinschlag aufnehmen können. Sie schützen die konventionellen Lawinenverbauungen in den unteren Reihen. Das neue Stahlschneebrückenmodell SS-4-2 ist in der «Typenliste Lawinenverbauungen» des Bundesamts für Umwelt aufgeführt. Nur gelistete Werke dürfen verbaut werden.

Statische und dynamische Kräfte

Die Herausforderung bei der Entwicklung war, dass die Konstruktion zwei vollkommen verschiedene Kräfte aufnehmen muss. «Der Druck des Schnees ist statisch», erklärt Roger Krummenacher, «rollende Steine hingegen wirken dynamisch.» Während mehrerer Monate sind die Dämpfungselemente der Werke unter dem Schneedruck voll belastet. Im Sommer wiederum müssen sie für die dynamische Energie des Steinschlags einwandfrei funktionieren. Normale starre Stützwerke sind dieser Aufgabe nicht gewachsen.

Anwendung auch in schwierigem Gelände möglich

Das erste Einsatzgebiet der neuen Stahlschneebrücken SS-4-2 war der Triftgrat im Walliser Saas-Tal. Von Ende Juli bis Ende Oktober 2020 hat die Opal Fels- & Steinschlagssicherung AG dort 41 Werke montiert. Da es sich um ausgesetztes und steinschlaggefährdetes Gelände handelt, waren Schutzverbauungen hier bisher nicht möglich. Die neuen Werke mit der vereinfachten Montage hingegen erlauben die Anwendung selbst in diesem schwierigen Gebiet. Der Einbau ist jedoch noch immer aufwendig genug und teils risikoreich.

Mit dem Helikopter auf den Berg

Um die geplante Positionierung der Werke vor Ort zu bestimmen, flogen Angelo Werlen, Baustellenverantwortlicher bei der Opal Fels- & Steinschlagssicherung AG, und der Ingenieur im Helikopter zum Triftgrat. Später erfolgte der halbstündige Aufstieg jeweils zu Fuss, wobei für die Zeit der Installation der Werke ein Container auf dem Berg eingerichtet wurde, in dem das Montageteam übernachtete.

Ein LKW brachte die einzelnen Elemente der Werke auf den Installationsplatz auf 2100 m ü.M., wo sie zusammengebaut und flugbereit gemacht wurden. Vom Installationsplatz aus flog der Helikopter jedes Werk in drei Rotationen auf die 600 m höher gelegene Baustelle am Berg. Der Transport eines Werks als Ganzes wäre nur mit einem Schwerlasthelikopter möglich gewesen. «125 Flüge waren nötig, um sämtliches Material für die Stahlschneebrücken an den Zielort zu bringen», erzählt Angelo Werlen.

Arbeiten am Seil

Da das Gelände steil und exponiert war, verrichteten der Baustellenverantwortliche und seine im Durchschnitt drei Mitarbeiter die Arbeit am Seil. Weitere Sicherheitsmassnahmen waren Fixseile, die das Traversieren ermöglichten, und ein provisorisches Netz, das die Wanderwege unterhalb des Arbeitsbereichs vor Steinschlag schützte. Die exakte Positionierung und die Ausrichtung der Werke hatte das Team zuvor abgesteckt, nun folgten pro Werk die Baugruben für die Fundamente, die Ankerbohrungen für Zug- und Druckanker und das Messen der Mastenlängen entsprechend der Geländeform und der Hangneigung. Anschliessend montierte das Team das jeweilige Werk. Der Beton wurde mit einem LKW auf dem Installationsplatz gebracht und mit dem Helikopter auf den Berg geflogen. Vier Monate später waren die 41 Stahlschneebrücken platziert. «Normale Lawinenverbauungen zu montieren, sind wir gewohnt», meint Angelo Werlen, «aber diese neuen Stahlschneebrücken zum ersten Mal und in solch ausgesetztem Gelände zu installieren, bedeutete eine Herausforderung für uns. Dank der hervorragenden Planung durch den Ingenieur und die Krummenacher AG verlief zum Glück alles problemlos.»

Lagerkapazität und kurzfristige Lieferbereitschaft als Trumpf

Für die neuen Stahlschneebrücken lieferte die Debrunner Acifer AG 2021 rund 140 t HEA-, UPE- und IPE-Träger sowie 35 t Rohrstützen. Auf Wunsch der Krummenacher AG nahm Debrunner Acifer das gesamte Stützenmaterial an Lager. Innert zwei bis drei Tagen auf Abruf schnitt sie die Rohrstützen auf Mass zu und lieferte sie nach Naters.

«Debrunner Acifer war die einzige Lieferantin, die bereit war 35 t Rohrstützen zu lagern – und auch die einzige Lieferantin, die über die dafür notwendigen Lagerkapazitäten verfügte», erklärt Roger Krummenacher. Auch die Träger trafen auf Abruf innerhalb von zwei bis drei Tagen bei der Krummenacher AG ein. Aus ihnen entstanden die Verstrebungen der Stahlschneebrücken. Die Rohrstützen – Debrunner Acifer darf sie seit Jahren exklusiv liefern – tragen den Oberbau. Die Krummenacher AG will ihre neuen Werke hauptsächlich regional vermarkten. Denn, so Roger Krummenacher: «Hunderte von Tonnen über weite Strecken zu transportieren, ist bei Stahlschneebrücken ökologischer Unsinn. Es gibt genug Anbieter in den verschiedenen Regionen.»



«Wir haben den Bedarf beim Schutz vor Steinschlag erkannt»

Roger Krummenacher, Geschäftsführer und Projektleiter, Krummenacher AG

Auf Ihrer Website nennen Sie den Hallen- und den Anlagenbau als Kernkompetenzen. Wie kamen Sie darauf, Stahlschneebrücken zu bauen?

Ungefähr 1980 bekam unser Vorgänger Werner Krummenacher die Gelegenheit, das damalige Giovanola-Lawinenverbauungssystem zu übernehmen. In Zusammenarbeit mit einem Ingenieurbüro hat er das System so umgebaut, dass es bald als das einbaufreundlichste Werk auf dem Markt galt. Für uns war bei der Firmenübernahme im Jahr 2000 klar, dass wir dieses System weiterhin vermarkten wollten.

Sie haben das System weiterentwickelt.

Das ist richtig. Den Anstoss gab die Masterarbeit von Daniel Bumann, Geschäftsleiter der IBR Ingenieurbüro GmbH aus Naters. Er untersuchte die Einwirkung von Steinschlag auf konventionelle Lawinenwerke. Wir waren zur Präsentation der Masterarbeit eingeladen und erkannten den Bedarf an steinschlagsicheren Werken.

Welche Kriterien waren ausschlaggebend bei der Weiterentwicklung?

Die neuen Stahlschneebrücken – wir nennen sie «Werke» – mussten einbaufreundlich, wirtschaftlich und wartungsfrei sein. Die Montage würde mit einem Helikopter erfolgen, der 800 bis 900 kg zu transportieren vermag. Ein Werk sollte in maximal drei Rotationen montiert werden können. Eine Alternative wäre, das Gesamtwerk mit einem leistungsstärkeren Helikopter in einer Rotation zu setzen. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis muss bei jeder Baustelle geprüft werden.

Was bedeuten die neuen Stahlschneebrücken für Sie und Ihr Unternehmen?

Es ist eine Investition in die Zukunft. Viele Gebiete sind schon mit konventionellen Werken bebaut. Der Umsatz bei diesen Werken ist rückläufig und wird noch weiter zurückgehen. Mit den Steinschlagwerken können wir zusätzliche Aufträge generieren, da die Gemeinden nun eine wirtschaftliche interessante Alternative zu den Steinschlagnetzen erhalten.

Welche Erfahrungen nehmen Sie aus den ersten Einsätzen der Stahlschneebrücken mit?

Bis jetzt sind wir sehr zufrieden. Wir haben 2015 mit der Weiterentwicklung der Stahlschneebrücken angefangen und 2018 in Zermatt/Schweifinen die ersten Werke in Betrieb genommen. Die Überprüfung im August 2019 hat ergeben, dass das System funktioniert. Die Werke haben dem Schnee im Winter vollbelastet getrotzt. Als die Schneelast gegen den Sommer hin nachgelassen hat, haben sich die Dämpfer wie gewünscht entspannt.

Seit 21 Jahren arbeiten Sie mit Debrunner Acifer zusammen. Weshalb?

Bei den Rohrstützen für unsere Werke hebt sich das Lieferangebot von Debrunner Acifer von der Konkurrenz ab. Debrunner Acifer war als einziger Anbieter bereit, den geschätzten Jahresbedarf an Lager zu nehmen. Dies ist ausschlaggebend für uns. Nur dadurch sind wir in der Lage, die kurzen Liefertermine gegenüber unseren Kunden einzuhalten. Über die Jahre ist eine enge Zusammenarbeit zwischen uns und Debrunner Acifer entstanden, bei der beide Unternehmen voneinander profitieren.

Welche Anforderungen stellen Sie an das Material?

Wir produzieren nach EN 1090 und erwarten, dass das angebotene Material den geltenden Richtlinien und EN-Normen entspricht.

Worin sehen Sie die Stärken von Debrunner Acifer?

Das Unternehmen hat eine gewisse Grösse und damit gute Möglichkeiten für den Einkauf von qualitativ hochstehendem Grundmaterial. Überdies verfügt Debrunner Acifer über einen guten Maschinenpark für Anarbeitungsdienstleistungen, auch wenn wir diese nicht beanspruchen. Auch das Angebot an Werkzeug, Befestigungstechnik und Stahl ist gross.

Lieferauszug Debrunner Acifer
· 140 t HEA-, UPE- und IPE-Träger
· 35 t Rohrstützen in diversen Längen